Die Lehmprodukte von LESANDO bestehen aus den Komponenten Ton, Sand, Pigmente und Hilfsmittel, den so genannten Additiven. Die einzelnen Produkte unterscheiden sich durch die Mengenanteile der Komponenten sowie durch die Korngrößen der verwendeten Sande.

Ton ist ein Schichtsilikat, das die Eigenschaft hat, zwischen seinen Plättchen Platz zu lassen für die Speicherung von Feuchtigkeit in Form von Wasser bzw. Wasserdampf. Die Kunst liegt darin, aus der nahezu unüberschaubaren Vielfalt verfügbarer Tone (man geht von weit mehr als 1.000 verschiedener Tonsorten aus!) den oder die Tone auszuwählen, die für den jeweiligen Einsatzzweck am besten geeignet sind. Ton ist also absolut nicht gleich Ton. Es bedarf einiger Erfahrung und viel Entwicklungsarbeit mit zahlreichen Versuchen, um den richtigen Ton zu finden.

Denn die Unterschiede bei den Tonsorten können erheblich sein! Vor allem die in unterschiedlichen Mengen und in variierender chemischer Struktur vorhandenen natürlichen Begleitmineralien im Ton verleihen ihm seine charakteristischen Eigenschaften (Geschmeidigkeit, Trocknungsverlauf, Wasserrückhaltevermögen usw.), aber auch seinen Farbton. LESANDO verwendet Tone, die weißlich-beige, erdig-ocker und bräunlich-rot sind. Alle Tone werden zunächst als Rohprodukt in den ausschließlich in Deutschland befindlichen Gruben abgebrochen, gemahlen, gereinigt und anschließend als feines, trockenes Pulver angeliefert.

Eine besondere Form des Tons ist Kaolin, auch Porzellanerde, China Clay oder weiße Erde genannt. Es sind vor allem die technischen Eigenschaften und die helle Farbe, die Kaolin als Bestandteil einiger Produkte interessant machen. Kaolin kennt man aber auch als Komponente bei der Papier und Porzellanherstellung.

Der Hauptbestandteil von Putz- und Anstrichsystemen ist Sand, der die Funktion eines Füllstoffs darstellt. Tone alleine könnten sich handwerklich gar nicht verarbeiten lassen, würden zu klebrig, zu zäh und auch zu klumpig sein. Zum anderen treten bei der Trocknung von Ton hohe Spannung auf, die dazu führen würden, dass das aufgebrachte Material mit Sicherheit großflächig abplatzen würde. Sand „magert ab“, Ton allein ist in aller Regel „zu fett“. LESANDO setzt beim Füllstoff Sand nicht auf den weit verbreiteten Quarzsand, sondern verwendet ausschließlich schneeweißen italienischen Marmor, dessen großer Vorteil darin liegt, dass diese weiße Basis die Brillanz der Farbtöne deutlich verbessert. Physiologisch können die Marmorstäube im Vergleich zum Quarzstaub auch als unbedenklich angesehen werden, was vor allem für die LESANDO-Mitarbeiter in der Produktion unverzichtbar wichtig ist.

Der Marmor wird zunächst blockweise aus dem Steinbruch abgebaut und dann zu unterschiedlich großen „Körnchen“ vermahlen. Die Größe dieser Körner, die LESANDO einsetzt, reicht von puderfeinem Material (z.B. für kornlose Produkte wie der Lehmfarbe BRAVO oder dem farbigen Feinspachtel RONDO) bis zu mittelgroben Granulaten, wie sie u.a. beim Ausgleichsputz INTERMEZZO eingesetzt werden, um zum einen eine gewisse Schichtstärke gewährleisen zu können, zum anderen, um das Schwindmass zu reduzieren und unterschiedliche Schichtstärken in einem Arbeitsgang ausführen zu können.

Ein Produkt besteht aber nie nur aus einer einzigen Korngröße, sondern umfasst verschieden große Fraktionen, die zusammen die so genannte „Sieblinie“ darstellen. Ziel ist es, eine möglichst gut aufeinander abgestimmte, homogene Sieblinie zu erzeugen, die zwischen den einzelnen Partikeln möglichst keine Hohlräume hinterlässt. Gelingt dies, ist die Matrix für sich bereits so stabil, dass man auch bei Lehmputzen ohne den Griff in die chemische Trickkiste absolut wettbewerbsfähig harte Oberflächen erzeugen können. Es ist ein Irrglaube, man könne mit einer falsche Sieblinie, aber genügend „Kleber“ ein gutes Produkt herstellen.

Die Pigmente übernehmen – in Kooperation mit den weißen Sanden und den Tonmehlen – die Aufgabe der Farbgebung. Aus einer mittlerweile nicht mehr zu überschauenden Auswahl an Pigmenten (sind es mittlerweile 20.000 verschiedene Pigmente oder sogar schon 30.000?) werden bei LESANDO nur anorganische Typen verwendet. Deren Vorteil liegen in Unbedenklichkeit und in der technischen Stabilität; sie sind alterungsbeständig.

Beim Pigment weiß setzen wir auf Titandioxid eines Partners aus Slowenien. Titandioxid ist das weltweit am häufigsten eingesetzte Pigment mit Produktionsmengen jenseits der 5 Mio. Tonnen im Jahr. Das im umweltfreundlicheren Sulfatverfahren hergestellt Pigment (es entsteht keine Dünnsäure!) ist im Übrigen unter der E171 auch für Lebensmittel zugelassen.

Der Rohstoffphilosophie konsequent folgend zeigt sich beim Pigment gelb, wie schwer es ist, geeignete Typen zu finden. In der EU und vielen anderen Ländern hat man die giftigen Gelbpigmente Bleichromat und Cadmiumsulfid geächtet, wohl wissend, dass Ersatzpigmente aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht nicht zu finden sind. Auch coloristisch stellt das eine Herausforderung dar. Eine ernstzunehmende Alternative zu den toxischen Färbemitteln ist das Bismutvandat, das eine recht kurze Geschichte hat (es wird erst seit Mitte der 1980er Jahre industriell hergestellt) und nach und nach trotz des sehr hohen Preises den Weg in die Produkte findet. Mit derzeit rund 1.500 Tonnen Produktionsmenge im Jahr liegt die Menge noch im verschwindend geringen Bereich, das Pigment weist aber neben der physiologisch sauberen Weste technische Vorteile auf, die sich vor allem in der sehr hohen Deckkraft widerspiegeln und in einer für Gelbpigmente außergewöhnlichen Klarheit des Farbtons. Zusammen mit unserem polnischen Partner haben wir aus einer gewissen Anzahl von Variationen das Gelbpigment gewählt, das unseren Anforderungen am besten entspricht.

Unproblematisch wird es bei den Eisenoxiden ocker, rot und schwarz. Hier gibt es standardmäßig eine große Anzahl verschiedener Nuancen beim Farbton. Der Löwenanteil dieser Pigmente werden heute aber nicht mehr u.a. aus der Erde in aufwändigen Aufschlämmverfahren gewonnen, sondern synthetisch als Eisenoxid hergestellt, wie die meisten Eisenoxidpigmente. Durch diesen gesteuerten Prozess ist eine hohe und genaue Reproduzierbarkeit des Rohstoffs gewährleistet, zudem könnte der Bedarf des Marktes ohne diese technische Herstellung nicht im Ansatz befriedigt werden. Die Pigmente beruhen – wie der Name schon vermuten lässt – auf dem Element Eisen und sind als Lebensmittelfarbstoff zugelassen (E172). Alle Eisenoxidpigmente von LESANDO werden in Deutschland produziert.

Bleibt noch das Pigment blau. Das von uns eingesetzte Ultramarinblau wird von unserem Partner in Frankreich hergestellt. Vor allem die Geschichte von Ultramarinfarbstoffen ist interessant. Im Mittelalter war der blaue Farbstoff eigentlich nur bestimmten sozialen Schichten vorbehalten, denn der natürliche Grundstoff war der Halbedelstein Lapis Lazuli, der sehr kostspielig war (Preis heute für 1 kg Pigment aus Lapiz Lazuli: deutlich über 2.000 €!) und aus Afghanistan in unsere Gefilde gebracht werden musste (Ultramarin = italienisch, bedeutet „über das Meer gebracht“). In den 1820er und 1830er Jahren wurden Preise ausgesetzt zur synthetischen Nachbildung dieses Edelpigments, das im Grunde nur aus den natürlichen Komponenten Kaolin, Schwefel, Natriumsulfat, Natriumkarbonat und Kohle besteht. Es ist seinerzeit gelungen und setzt den Begriff „synthetisch“ damit in ein anderes Licht: der künstliche, von Menschenhand geschaffene „Nachbau“ aus natürlichen Bestandteilen unter bestimmten Bedingungen, um die „Reifezeit“ von einigen Millionen Jahren auf ein erträgliches Maß zu reduzieren.

Bei den Additiven setzt LESANDO pflanzliche Stärken und Cellulosepulver ein (Herkunftsland Deutschland). Sie gelten als physiologisch unbedenklich und biologisch abbaubar und werden bei der Entsorgung des Produkts bzw. Produktreste teilweise wie Lebensmitteln behandelt. Diese Hilfsmittel unterstützen die durch die Tone eingebrachte Geschmeidigkeit beim Auftragen der Beschichtungen, verbessern das Wasserrückhaltevermögen (in der frischen Schicht will man das Wasser eine gewisse Zeit halten, ohne dass es an den Untergrund oder die Raumluft abgegeben wird, weil man so länger Zeit hat, die Oberfläche zu bearbeiten, verlängern also die „Offenzeit“) und unterstützen die Partikel, während des Beschichtungsvorgangs näher aneinander zu rücken, um so die Kompaktheit zu erhöhen.

Unsere Erfahrungen haben aber gezeigt, dass die Wirkungen dieser Additive bei unseren Lehmprodukten bei weitem nicht so ausgeprägt sind wie die Hersteller dieser Rohstoffe behaupten oder wie das möglicherweise in konventionellen Produkten der Fall sein kann. Die Erkenntnisse von LESANDO lassen vielmehr die Vermutung zu, dass lehmbasierte Produkte durchaus ihre eigenen Gesetze aufstellen und Charakteristiken wie Offenzeit, Wasserrückhaltevermögen, ja sogar die Geschmeidigkeit durch den „richtigen“ Ton weit besser gesteuert werden können als durch einen noch so ausgeklügelten Additivcocktail. Additive können helfen, bestimmte Eigenschaften eines Produkts zu verbessern, die können aber in keinem Fall aus einer falschen Rohstoffzusammen-setzung ein gutes Produkt machen!